Freitag, 22. November 2019

Es gibt Momente im Leben ...

… die auch in der Wiederholung nichts von ihrem Zauber verlieren!


So lange ist es her, dass ich das letzte Mal all meine Gedanken aufgeschrieben habe. Viel zu lange ist es her, dass ich meine Gedanken, Erlebnisse und Gefühle für euch zugänglich gemacht habe.
Es gibt so vieles, dass ich erzählen möchte, dass ich aufschreiben will und muss, um mein Herz ein Stück leichter zu machen. Und doch kann und darf ich es oft  nicht. Es sind nicht Personen aus meiner Arbeit von denen ich erzählen möchte. Nein, es sind Erlebnisse, Gefühle, Momente des Glücks und der Traurigkeit. Aber mir werden in dieser Hinsicht so sehr die Hände gebunden. Datenschutz und Co. verbieten es anderen seine persönlichen kleinen Geschichten zu erzählen. Es ist nicht nur die Arbeit, welche oft das Herz erfreut, aber auch beschwert. Oft sind es auch Geschehnisse in meinem ganz privaten Leben. So oft wollte ich all das aufschreiben, was ich nicht schaffe auszusprechen. Aber Zweifel und andere Sachen sind oft richtige Blockadenleger.

Aber ich versprach meinen Followern auf Facebook bald von meinem kleinen persönlichen Weltwunder in diesem Jahr zu erzählen....Ich weiß, bald war im Juli....nun haben wir November. Doch nun spüre ich endlich wieder, wie die Wörter und Geschehnisse nur so vor mir her tanzen, aus mir heraus sprudeln und es gar nicht erwarten können erzählt zu werden.

Vielleicht erinnert Ihr euch an meine Geschichte über meine Freundin Denise, welche selber Hebamme ist und ein ganz besonderer Teil in meinem Leben.
Zusammen mit ihr und ihrer kleinen Familie, durfte ich mit meiner kleinen Familie dieses Jahr etwas ganz wundervolles erleben. Ich muss es einfach erzählen und aufschreiben. Allein schon, um immer wieder dieses Gefühl in mir zu spüren und keine Sekunde davon zu vergessen.

Aber fangen wir von vorne an...

29. November 2018
Über WhatsApp erreicht mich ein Ultraschallbild mit folgenden Zeilen: "Herzchen schlägt. Alles gut 😍. 6+4 auf den Tag genau. ET 21.07.2019".

Was für eine wundervolle Nachricht. Geahnt hatte ich es bereits, aber es dann persönlich endlich offiziell zu erfahren war so viel schöner. Baby Nummer 2 war also bei meinem Herzensmensch Denise unterwegs. Eine aufregende Reise begann....nicht nur für sie.

11. Januar 2019
"Weihnachten war sehr schön. Bäuchlein wächst. Sy+4.....11+2 SSW!"

14. März 2019
"Es wird ein Mädchen!"

1. Juli 2019
Noch 20 Tage bis zum errechneten Entbindungstermin. Los geht es mit der geburtsvorbereitenden Akupunktur. Plötzlich wird einem bewusst, wie schnell die Zeit schon wieder vergangen ist und wie das Leben an einem vorbei rast. Ab jetzt muss jeder Moment nochmal richtig genossen werden.

Denise wohnt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in der Nähe von Leipzig. Dort arbeitet sie auch als Hebamme. Ihr erstes Kind bekam sie in Sangerhausen und so sollte es dieses Mal auch wieder kommen. Da die weite Fahrt und die eventuell zu organisierende Betreuung vom Sohnemann zu ungewiss waren, beschlossen wir zusammen, dass Denise mit ihrem Sohn ab 39+0 SSW bei uns wohnen sollte. Ihr Sohn wäre somit betreut gewesen, der werdende Papa sollte gerufen werden wenn es los geht bzw. wurde am Wochenende ebenfalls mit bei uns einquartiert. Alles wurde genau geplant und vorbereitet, so dass dann die Ruhe vor dem Sturm einkehren konnte.

14. Juli 2019
Die Reise sollte beginnen. Es war Sonntagnachmittag und endlich kamen sie an. Gleich mit zwei Autos, beide voll beladen.....man wusste ja zu dem Zeitpunkt noch nicht, wann die kleine Prinzessin sich auf den Weg machen wollte. Es hätte noch eine ganze Weile dauern könne und darauf musste man vorbereitet sein. 
Der Kühlschrank war bis oben hin gefüllt, das Haus geputzt, die Betten aufgeschüttelt und die Aufregung stieg. Was würde uns alles die nächsten Tage erwarten und vor allem WANN???

Denise sollte sich mit ihrem Sohn bei uns so wohl wie möglich fühlen. Unser gewohnter Alltag nahm seinen gewohnten Lauf. Schule, Kita, Büro, Hausbesuche, Kreißsaal. Wir genossen jede freie Minute zusammen. Endlich konnten wir als Freundinnen nachholen, zu was man leider viel zu selten Zeit hat.

Diese Momente mussten einfach für die Ewigkeit festgehalten werden. Nicht nur in unserem Herzen wollten wir dies alles für immer tragen, es sollte auch immer sichtbar sein. Und so bekamen wir die Möglichkeit für ein ganz spontanes Fotoshooting der besonderen Art. Zwei Hebammen, zwei Freundinnen, zwei unvergessliche Wochen.

Wie sehr ich diese Bilder liebe....




Die Zeit verging wie im Flug und der Entbindungstermin rückte immer näher. Freitag Nachmittag war die Bude dann voll :-). Es war endlich Gelegenheit für wundervolle Gespräche, Erinnerungen, Lachen, aber auch einfach mal Schweigen und Genießen. Der werdende Papa war nun auch da, es wäre also alles perfekt gewesen, wenn die kleine Maus sich pünktlich auf den Weg machen würde.
ABER....unsere Gedanken sollten wir so manches Mal nicht unterschätzen. Ist der Kopf nicht frei, kann keine Geburt in Gang kommen.

Denise wurde so langsam ungeduldig. Wäre es doch perfektes Timing gewesen, wenn die kleine Maus an diesem Wochenende kommen würde. Wir gingen davon aus, dass auch dieses Mäuschen sich Zeit lassen würde. Denn bereits in der ersten Schwangerschaft hielt ihr Sohn nicht sonderlich viel von Pünktlichkeit. Wir stellten uns also schon mal darauf ein, dass auch diese Maus sich viiiel Zeit lassen würde. 
Ich kochte Denise täglich, bevor ich auf Arbeit ging, meine Geheimrezeptur für einen Tee, der wehenanregend wirken sollte. Die Akupunktur kam natürlich zum Einsatz und auch die Homöopathie war unser täglich Begleiter.

Ich sehe sie noch, wie gestern, auf meiner Couch sitzen, ihre großen braunen Kulleraugen, nebenbei die Babydecke häkeln und ihr fragender Blick: "Theresa, was meinst du? Wird sie bald kommen oder lässt sie sich Zeit?"

Und immer wieder predigte ich ihr: "Denise, was soll ich dir noch sagen. Du, als Hebamme, weißt es doch selbst ganz genau! Wenn dein Kopf nicht frei ist, wie soll deine Maus da auf die Welt kommen? Häkle endlich deine Decke fertig, vorher kommt sie eh nicht!"



Was ihr doch alles durch den Kopf ging. Der werdende Papa war da, er musste also nicht extra von Leipzig kommen. Ihr Sohn war versorgt, weil mein Mann zuhause war. Das Baby könnte wieder so schwer und groß werden wie das erste. Geburtsverletzungen - Theresa wag es dir!!! Ach der Tee und Co helfen doch eh nicht …. Und gefühlt jede Sekunde predigte ich wieder: "Denise, schalt deinen Kopf aus!!!! Egal was du unternimmst, die Maus allein entscheidet wann sie in deinen Armen liegen möchte!"

Freitag (19. Juli 2019)

Ich hatte Spätdienst. Denise kam zur CTG-Kontrolle in den Kreißsaal. Der Maus ging es zum Glück noch immer bestens. Da kam doch Denise die verlockende Idee, dass man jetzt den Eipol mittels vaginaler Untersuchung lösen könnte. Jetzt schaute ich sie mit riesigen Augen an.
Ich? Eipol lösen? NIEMALS!!!!
Denise, weißt du wie sch…. weh das tut?

Ich habe noch heute (fast 8 Jahre später) die genaue Erinnerung daran wie es ist, wenn jemand einen unreifen Muttermund untersucht. Ich spüre es noch heute, bei dem Gedanken zieht sich mir alles gleich zusammen.
Aber Denise ist hart im Nehmen, sie schnatterte so lange auf mich ein, bis ich mich erweichen lies. Ihre Entscheidung, ihr Körper, ….. (leichter gedacht als getan). Alle 2-3 Sekunden schaute ich sie an und sagte: "Bitte sag ehrlich, wenn du es nicht mehr aushältst."
Überrascht und erfreut von dem unerwartet guten Befund, machte sie sich wieder auf den Weg zu uns nach Hause, jedoch gleich mit dem Gedanken, dass es doch jetzt der perfekte Zeitpunkt für die Geburt wäre.

17:18 Uhr WhatsApp:

"Es zieht im Rücken....wir gehen jetzt spazieren."

21:02 Uhr WhatsApp:

"Unregelmäßiges Ziehen."

22:00 Uhr - Feierabend. Direkt auf dem Weg zum Auto schnappte ich mein Telefon und checkte die Lage Zuhause vor Ort. Ihr Mann erzählte mir, dass sie die ganze Zeit Runden durch unseren Garten lief und die Wehen ca. alle 10 min kämen. Ich war gespannt...

Zuhause angekommen setzten wir uns alle gemütlich auf die Terrasse, erzählten, lachten, aßen, tranken. Als ich Denise dabei beobachtete, musste ich in Gedanken immer singen:

* Ich drehe schon seit Stunden hier so meine Runden....* :-) 

Irgendwann sagte ich dann zu ihr: "Mensch jetzt setz dich doch mal, wenn es nachher wirklich los geht bist du fix und fertig, weil du Marathon gelaufen bist!" Und es geschah, was geschehen musste. Denise saß und die Wehen waren verschwunden. 
Was für ein lustiger Abend dies doch war. Was lachten wir alle zusammen. So manches Mal auch auf Denise´ Kosten. Aber sie wusste ja zum Glück immer wie es gemeint war.
Gegen Mitternacht verkrümelten wir uns alle so langsam ins Bett. Man wusste ja nie, wann die Nacht zu Ende sein konnte.

20. Juli 2019

Zusammen saßen wir alle beim Frühstück. Ich schaute Denise an und sagte ihr: " Verdammt, du siehst heute sch…..aus."
Es war ehrlich, aber es kam von Herzen. Ich beobachtete sie den ganzen Vormittag und mir war klar: da ist etwas im Busch. Sie war wie nieder geschlagen, müde, erschöpft, wollte nicht richtig essen, legte sich Mittag auf die Couch. Und dann sagte sie zu mir: "Ach Theresa weißt du, ich habe es jetzt eingesehen. Die Maus kommt wann sie kommen will. Und umso mehr ich darüber nachdenke, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt wäre, umso weniger wird sie raus wollen. Ich schalte meinen Kopf jetzt aus und lasse die Natur entscheiden. Wir sind hier und ich weiß, dass alles gut wird."
Na endlich.....die Babydecke war fertig gehäkelt!

21. Juli 2019 3:05 Uhr

Jemand rüttelt ungewohnt unsanft an meinem Arm. Ich öffnete ein Auge und musste erstmal realisieren, wer da an meinem Bett stand. Denise.... "Blasensprung".
Ich war hellwach und schoss aus dem Bett, gab meinem Mann das Babyphone von Denise` ihrem Sohn und schaute was los war.
"2:45 Uhr hat es 1x mal ganz doll gezogen und 3:00 Uhr ist die Blase gesprungen. Aber mach in Ruhe. Bisher ist nichts weiter."
"Ok" sagte ich...."dann gehe ich erstmal duschen!"
10 Minuten später klang das Ganze schon ganz anders. Denise fing an ihre Wehen zu veratmen und gefühlt wurde jede Wehe intensiver und länger, die Abstände immer kürzer. "Ich rufe im Kreißsaal an, ich denke wir sollten uns langsam auf den Weg machen!"
3:45 Uhr waren wir im Kreißsaal. Der Muttermund 4-5cm, beiden ging es gut.



Es war so eine wundervolle und schöne Atmosphäre im Kreißsaal. Auch hier lachten und schwiegen wir, genossen jeden Moment und kämpften mit jeder Wehe. 
Und dann ging es ganz schnell. Plötzlich war es endlich soweit. Wir waren alle von diesem Moment so überrascht. Hatten wir ihn doch so lange herbei gesehnt. Als ich Denise untersuchte und wusste, jetzt sind es nur noch ein paar Wehen schossen mir die Tränen in die Augen. Ich war so voller Vorfreude und Dankbarkeit, dass alles miterleben zu dürfen. Dankbar für das Vertrauen, welches sie mir schenkte. Und gleichzeitig lastete auf meinen Schultern so viel Druck. "Bitte lass jetzt alles gut gehen!"


Und da war sie. Pünktlich zum Entbindungstermin! Gesund und munter.

5:55 Uhr erblickte Emilia das Licht der Welt. Und ich weiß noch ganz genau, wie sehr ich mich anstrengen musste die Uhr lesen zu können, denn vor lauter Tränen war alles nur noch verschwommen. Die Welt stand für mich in diesem Moment still. Alles um mich herum schien vergessen. Es gab nur diesen einen Moment: Denise, überglücklich, stolz, gesund mit ihrem Baby auf der Brust! Was für ein Wunder. Mein persönliches Weltwunder!

Und weil alles so wundervoll verlief, ging es direkt ein paar Stunden nach der Geburt wieder zurück zu uns nach Hause. Dort konnten nun auch meine Kinder das Wunder des Lebens in vollen Zügen mit erleben.


Die nächsten 2 Tage verbrachte Denise mit ihrer Familie noch bei uns. Erst als ich wusste, sie und die Maus sind wohl auf und fit für die Heimat, konnte ich sie mit ruhigem Gewissen verabschieden. Und kurz vor der Heimfahrt, bekamen wir wieder die Gelegenheit, diese wundervolle Reise für uns bildlich festzuhalten:


Liebe Denise!
Danke, dass meine Familie und ich ein Teil sein durften. Danke für dein Vertrauen. Danke für deine Freundschaft. Danke für diese wundervolle Reise. Danke, dass ich mit euch dieses Wunder erleben durfte und durch diese Reise so viel gelernt habe!

DANKE, dass es euch gibt!

In ewiger Liebe und Freundschaft.....







Dienstag, 5. März 2019

Stillst du etwa immer noch???

Ja, warum denn nicht?!


Alle Mamas, die länger als ein paar Monate gestillt haben kenne diese Frage und vor allem diese abwertenden und erschrockenen Gesichtausdrücke, wenn sie sehen, dass nicht mehr das Neugeborene sondern das Kleinkind gestillt wird. 

Ich habe mir nie ein Zeitfenster gesetzt bis wann ich stillen werde. Bei meiner Tochter war ich damals noch viel zu jung und unerfahren, keine Ahnung von den Gesetzen gehabt, welche eine Stillende das Arbeitsleben leichter machen. Ebenfalls habe ich beim Stillen so viele Fehler gemacht, die uns die Stillzeit oft erschwert haben. Schweren Herzens versuche ich sie mit aller Macht bis zum 6. Monat abzustillen, da ich nach einem halben Jahr wieder zurück in die Arbeitswelt musste. Noch heute blutet mir das Herz, wenn ich daran zurück denke und immer wieder, wenn der Magen-Darm-Virus bei ihr hausiert, frage ich mich: Hätte ich sie länger gestillt, wäre sie dann nicht so anfällig? HundertProzent kann ich es natürlich nicht sagen, aber ich sehe einen deutlichen Unterschied im Bezug auf das Immunsystem von meiner 7 Jahre alten Tochter, welche knapp 6 Monate gestillt wurde, und meinem 3 Jahre alten Sohn, der 2 1/2 Jahre Muttermilch zu sich nahm.

Wenn ich zum Hausbesuche fahre und das Thema Stillen auf den Tisch kommt, berate ich nicht nur als Hebamme, sondern auch viel einfach als Mama und Frau. Die Fehler  welche ich in meiner ersten Stillzeit gemacht habe, haben mich für das zweite Mal gelehrt und auch viel für meine Arbeit als Hebamme. Auch das Langzeitstillen hat mich als Hebamme unheimlich viel geprägt und auch ich lernte die Momente kennen in denen man nicht immer nur die Vorteile des Stillen zu spüren bekam. Manch einer fragt sich jetzt sicher: Stillen hat Nachteile? Welche sollten das denn sein?

Ich möchte nicht behaupten, dass Stillen Nachteile hat. Aber es gibt Momente in denen es nicht so leicht ist. Sei es, dass man auch einfach mal wieder Frau sein möchte und seinen Körper für sich haben mag oder aber auch einfach die Blicke und Sprüche anderer Menschen. Und vor allem sind es die Menschen im eigenen näheren Umfeld, dessen Aussagen und Blicke manchmal schmerzhaft sein können. Die Blicke fremder Menschen sind irgendwann an mir abgeprallt, aber nicht die von Freunden oder Familienmitgliedern.

Bei meiner Tochter kannte ich den Begriff "Stillstreik" absolut nicht. Davon hatte ich in meiner Ausbildungs nichts gehört und in der wenigen Praxis, die ich bis dato gesammelt hatte, war mir dieses Phänomen ebenfalls noch nicht beschrieben wurden. Und so machte ich den ersten Fehler. Ich dachte sie möchte meine Brust nicht mehr und ging den Weg das Abpumpens. Erst nur die eine Brust und natürlich verweigerte sie dann irgendwann auch die andere Seite. Somit gab es irgendwann nur noch Muttermilch aus der Flasche. Ich fühlte mich wie eine Kuh, welche regelmäßig gemolken werden musste. Immer mussten Flaschen und Co am Start sein, ich setzte mich unter Druck sowie mal nicht genug Milch kam. Nach und nach kam die Pre-Nahrung dazu, Bauchweh machten uns immer mehr zu schaffen und ich hatte das Gefühl als Mama einfach nur alles falsch zu machen, was man falsch machen kann.

Bei meinem zweiten Kind nahm ich mir vor alles anders und vor allem besser zu machen. Anders habe ich es definitiv gemacht, ob besser kann ich selbst leider nicht beurteilen. Aber ich denke ich habe mich in den meisten Situationen gut geschlagen.

Jonathan kam zur Welt und kaum lag er in meinen Armen, da hatte er nur eines im Sinn - Stillen. In den nächsten achtundvierzig Stunden machten wir fast nichts anderes außer kuscheln und stillen. Es war anstrengend und Kräfte zerren, aber es hatte sich gelohnt. Die Milch schoss ein und es gab nicht einmal den Moment des Zweifelns, dass die Milch nicht reichen würde. Im wahrsten Sinne des Wortes war ich also eine Milchkuh und hätte mindestens noch zwei andere Kinder mit meiner Milch versorgen können. Aber zu viel Milch kann auch zum Fluch werden. Vor allem wenn es zu einem starken Milchspendereflex kommt.

Ein starker Milchspendereflex bedeutet, dass die Muttermilch so schnell und kraftvoll fließt, dass sie heraustropft oder sprüht. Das Baby könnte nach den ersten Schlucken seinen Kopf von der Brust wegziehen, sich verschlucken oder würgen, denn es kann nicht schnell genug schlucken. Dann könnte der Säugling die Brust verweigern oder weinen. Durch das schnelle und hektische Trinken schluckte unser Zwerg umheimlich viel Luft und somit machten Blähungen unseren Tagesablauf nicht gerade angenehm. Dann kamen Bekannte oder Familienmitglieder mit ganz besonders gut gemeinten Ratschlägen. Der beste von diesen war: Deine Milch taugt nichts, deshalb hat er Bauchweh. Deine Gestille ist Schuld daran. Gib ihm was Anständiges!
Der Satz hatte gesessen, vom allerfeinsten.

Ab diesem Tag schwor ich mir den hilfsbereiten Menschen in meinem nahen Umfeld nur noch die Dinge zu erzählen, die sie hören wollten und umging somit ihre gut gemeinten Ratschläge. Sie sollten ab jetzt in dem Glauben bleiben, dass er natürlich durchschlief, nur alle vier Stunden gestillt wird, das ruhigste und liebste Kind auf der Welt und niemals weinen würde. Ich lebte ab diesem Zeitpunkt ruhiger und mein Mann und ich machten nur noch das, was wir für richtig hielten.

Nach seinem ersten Geburtstag began das Kapitel Kindergarten. Er wurde noch immer gestillt, tagelang wollte er manchmal nichts anderes als seine Milch. Für mich war dies vollkommen ok. Aber die Gedanken, wie es für ihn im Kindergarten werden würde und wenn ich wieder arbeiten gehen werde, brachten das Mamaherz oft zum weinen. Um es für den kleinen Mann leichter zu machen, entschlossen wir uns, dass mein Mann die Eingewöhnung übernehmen sollte. Und das war der richtige Weg. Mit Papa verband er das Thema Stillen nicht, trank und aß wie alle anderen Kinder auch und erlebte jeden Tag mit immer mehr Freude und Neugier.
Kaum zu Hause angekommen, musste jedoch nachgeholt werden, was den bisherigen Tag versäumt wurde. Und wir genossen es, jede einzelne Minute.

In der Arbeitswelt wieder angekommen hatte ich wundervolle Kolleginnen, welche mein Langzeitstillen so gut es ging akzeptierten und vor allem unterstützten. Vom Nachtdienst blieb ich erstmals noch verschont und trotz Personalmangel und vieler Nachtdienste am Stück für die anderen Kolleginnen blieb es mir überlassen zu entscheiden, wann Jonathan und ich bereit für den nächsten Schritt waren. War im Spätdienst der Kreißsaal leer, brachte meine Mann mir abends den Kleinen zum Stillen und eine der Ärzte hielt mir für diese Zeit den Rücken frei. Diese Unterstützung und Hilfe meiner Kolleginnen, ärztlicher Seite sowie der von den Hebammen, werde ich nie vergessen und immer zu schätzen wissen.

Der zweite Geburtstag rückte näher  mittlerweile lief ich wieder alle Schichten mit und wir zwei hatten uns gut an alles gewöhnt und angepasst. Wir genossen diese intensive Zeit zusammen und ich entschloss mich ihn entscheiden zu lassen, wann die Zeit des Abstillens gekommen sei. Ab dieser Zeit wurden die Blicke und Sprüche anderer immer intensiver. Schließlich war er nun definitiv kein Baby mehr und der Anblick war für manch einen alles andere als normal. "Hängt er etwa immer noch ein deiner Brust?", "Willst du nicht endlich mal damit aufhören?", "Ihr solltet langsam aufhören, der Junge ist ja irgendwann total verstört!" ... Diese Sätze und noch viele mehr bekam ich fast täglich zu hören. Und an manch sensiblen Tag brachten mich diese Worte sehr zum Nachdenken, aber mein Mann unterstütze mich in jeglicher Hinsicht und gab mir immer wieder das Gefühl, dass es vollkommen in Ordnung ist und ich das Richtige mache.

Als er zwei einhalb Jahre alt war genossen wir einen wundervollen Urlaub an der Ostsee. In dieser Zeit wendete sich für mich das Blatt schlagartig im Bezug auf das Stillen. Es fing an unheimlich zu schmerzen, meine Brustwarzen waren rot und offen, jedes Anliegen war ein grauen. Allein der Gedanke daran oder das Wort "Milch" ließ mich in Panik geraten. Und trotz dessen, dass wir "heimlich" am Strand stillten, spürte ich die abwertenden und schockierten Blicke der anderen. Mein Mann spürte, dass es mir damit nicht gut ging und die Zeit gekommen war abzustillen. So viele Gefühle durchströmten mich. Einerseits hatte ich den Entschluss gefasst und war überzeugt davon, dass es richtig war. Andererseits fühlte ich mich als die schlechteste Mama auf der Welt. Wie konnte ich ihm das nur antun...
Aber es war richtig. Mit der Unterstützung von meinem Mann gingen wir den Weg und versuchten Stück für Stück den kleinen großen Mann von der Brust zu entwöhnen. Der letzte Urlaubstag war somit der erste Tag für uns. Anfangs lief alles ganz gut und ich fühlte mich mit diesem Entschluss bestätigt. Aber nach ein paar Tagen änderte sich die Lage. Ich hatte das Gefühl meinen Sohn auf eiskalten Entzug gesetzt zu haben, es fühlte sich an als würde er mich dafür hassen. Drei Wochen sollte dieser Zustand anhalten. Oft saß ich, nervlich am Ende und weinend, am Boden und fühlte mich so unendlich schlecht. Was tat ich ihm nur an? Wie konnte ich nur so egoistisch sein? Aber gleichzeitig fühlte ich, wie es mir besser ging, wie ich wieder ich sein konnte. Ohne meinen Mann hätte ich diese Zeit nicht geschafft und hätte sofort wieder nachgegeben und ihn wieder gestillt. Aber wir schafften es. Natürlich kuschelt er auch heute noch mit "seiner Milch". Das möchte ich ihm auch auf keinen Fall verweigern. Er braucht einfach sehr diese Art von Nähe,, erst recht nach einem anstrengenden und aufregenden Kindergartentag. Ist er krank oder stehen Arztbesuche an, gibt ihm dieses Kuscheln ein Gefühl der Sicherheit und Vertrauen.

Eine zeitlang kämpfte ich mit den Gedanken: ich wollte ihm mit dem Stillen was Gutes tun, ihn selbst entscheiden lassen wann es soweit ist aufzuhören - und doch habe ich den Zeitpunkt selbst entschieden. War es falsch ihn so lange zu stillen? Wäre ein Abstillen zu einem früheren Zeitpunkt für ihn leichter und besser gewesen? Ich finde keine Antwort auf all diese Fragen. Aber ich bin davon überzeugt ihm definitiv etwas Gutes getan zu haben. Nicht nur in der Hinsicht darauf, dass er viel weniger krank ist als seine Schwester.

Natürlich gab es auch in unserer Stillzeit Momente an denen ich an meine Grenzen gestoßen bin und mir dachte :"oh nein, ich möchte jetzt einfach nicht!". Und doch war es die schönste Zeit, die mir mein Sohn geschenkt hat.

Ich würde keine Frau verurteilen, die sich gegen das Stillen entscheidet oder nur kurze Zeit stillt. Jedem sollte diese Entscheidung selbst überlassen werden. Und jeder einzelne Tag an dem gestillt wurde, und sei es nur ein einziger Tag, war unheimlich wertvoll für die kleinen Zwerge und das Beste was ihnen passieren konnte. Nicht zu stillen heißt nicht, eine schlechte Mama zu sein. Auf keinen Fall. Genauso bezieht sich das auf die Mamas, die sich für oder gegen das Tragen ihrer Kinder entscheiden. Jede Entscheidung sollte akzeptiert und unterstützt und nicht verurteilt werden.

Die abwertenden Blicke und Sprüche anderer haben mich oft verletzt. Ich habe aus dieser Zeit als Mama, Frau und Hebamme unheimlich viel für das Thema Stillen gelernt.

Liebe Mamas, egal ob Stillende oder Nichtstillende, ob Kurzzeit oder Langzeitstillende, egal welchen Weg ihr gegangen seid und welche Entscheidung ihr für euch persönlich getroffen habt: Bitte schämt euch nicht dafür oder versucht euch zu rechtfertigen. Jede einzelne von euch macht jeden Tag einen wundervollen Job, wofür ihr Respekt und Anerkennung verdient und keine Verachtung. Traut euch und steht dazu!

Unser letzter Urlaubstag und unser letzter Stilltag. Ich habe diese Zeit so sehr genossen und auch wenn die Entscheidung Abzustillen sehr schwer fiel, war es doch die richtige und hat nichts an unserer Bindung geändert. Ich bin dankbar diese Zeit erlebt haben zu dürfen und vor allem aus ihr gelernt zu haben. 


Erzählt mir von euren Erfahrungen zum Thema Stillen oder Abstillen bzw. gar nicht Stillen. Ich bin gespannt. 

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa

Freitag, 22. Februar 2019

Hast du überhaupt Kinder ???!!!

… Ähm ja, zwei … vielleicht auch irgendwann drei 😅


Jede junge Hebamme wird diese Momente im Kreißsaal kennen. Der Moment, wenn man zu der werdenden Mama sagt: "Ich weiß wie Du dich fühlst und ich verstehe Dich, aber ich weiß auch, dass Du es schaffen wirst!". Man denkt und hofft ihr mit diesen Worten positiven Zuspruch zukommen zu lassen und bekommt als Gegenreaktion: "Hast du überhaupt Kinder???!!!"
"Ja meine Liebe, zwei sogar!" ist dann oft meine Antwort. Kurze Stille stellt sich dann immer ein, der werdende Papa beginnt zu schmunzeln und dann folgt oft die Frage: "Und Du hast beide normal entbunden?". Ja, das habe ich und genau deshalb weiß ich, wie man sich als Frau in diesen Momenten seines Lebens fühlt. Und in ganz vielen Momenten, werde ich an meine zwei Entbindungen erinnert. Sehe mich selbst wieder vor mir, fühle den Schmerz und die Emotionen als wäre es erst gestern gewesen. Und ich weiß noch genau wie es sich anfühlt, wenn man denkt es selbst nicht schaffen zu können. Aber umso besser kenne ich auch noch das Gefühl, wenn man es dann doch geschafft hat und unendlich glücklich und stolz ist.

Im Juni 2011 erfuhr ich von meiner ersten Schwangerschaft. Unendlich viele Emotionen überrollten mich an diesem Tag. Überströmt von unendlicher Freude und Glück, wurde jedoch diese wundervolle Nachricht von Angst, Zweifeln und großer Traurigkeit kurzzeitig zerstört. Am 31. August 2011 sollte meine Ausbildung zur Hebamme endlich in Sack und Tüten sein, der 1. September 2011 mein erster offizieller Arbeitstag als Hebamme, gerade hatte ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieben. Und nun war ich schwanger. Diese Schwangerschaft war nicht geplant, zumindest noch nicht. Geplagt von Zukunftsängsten, die Angst vor dem zerplatzen Traum meines neuen Arbeitsplatzes und meine gerade mal 21 Jahre übernahmen die Macht über mich und machten mir die ersten Wochen einer Schwangerschaft zum Alptraum. Anstatt zu genießen herrschte nur riesengroße Traurigkeit. Allein aus dieser Erfahrung heraus, würde ich nie eine junge Frau verurteilen, die sich vielleicht in so einer ähnlichen Situation befindet wie ich damals. Ja ich war auch eine von den Frauen, auf die mit dem Finger gezeigt wurde, hinter deren Rücken dummes Zeug geredet wurde. In manchen Sachen hatten sie vielleicht auch Recht. Ich war 21, mit dem werdenden Vater gerade einmal ein viertel Jahr liiert, keinerlei Schimmer von dem was mich erwarten würde. Und sicher weiß ich, wie Babys gemacht werden und entstehen und war mir dessen auch bewusst, dass die Schuld einzig und allein an uns beiden gelegen hat. Wir wussten was passiert wenn, wir haben es trotzdem getan. Ich habe mich selbst verbal ordentlich zusammen gefaltet, natürlich habe in dem ein oder anderen Moment auch mit mir selber gesprochen. Manchmal braucht man eben eine kompetente Beratung ☺. Trotz allem nahm ich mein Schicksal selbst in die Hand, versuchte ab sofort aus allem das Beste zu machen, stand zu dem was geschehen war und entschied mir durch meine eigene Dummheit nicht meinen Traum kaputt machen zu lassen. Meine neuen Kolleginnen freuten sich auf tatkräftige Unterstützung, da zu dem Zeitpunkt der Personalmangel im Kreißsaal besonders hoch war. Ihr könnt euch sicher denken, was ich erst einmal für einen Stand in meinem neuen Team hatte und wie es sich angefühlt hat, den ersten Arbeitstag anzutreten. Ich fühlte mich absolut elend ihnen gegenüber zu treten, wusste was sie wohl von mir halten würden und schämte mich einfach nur noch. Und trotzdem versuchte ich zu arbeiten wie jede andere auch. Ich fühlte mich gut, Schwangerschaftsprobleme ärgerten mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht und ich war über jeden Tag, welchen ich im Kreißsaal verbringen konnte dankbar und froh über die Dinge, die ich lernen konnte. Ich scheute mich nicht vor Geburten, arbeitete genauso meine vierzig Stunden pro Woche und versuchte im neuen Team Fuß zu fassen. Es wurde Tag für Tag besser, die Kolleginnen wurden zu Freundinnen und ich liebte meine Arbeit von Tag für Tag mehr. Jedoch legten mich ab der 30. SSW vorzeitige Wehen erstmal vorüber gehend flach und es war Schonfrist angesagt. Ab diesem Zeitpunkt realisierte ich alles erst richtig und begann mich endlich über meine Schwangerschaft zu freuen.



Ich genoss jeden einzelnen Tag, auch wenn nun Ischias und Ödeme die restliche Zeit nicht gerade angenehm gestalteten, Ich aß auf was ich Lust hatte, wurde runder und runder und konnte den Tag kaum erwarten, an dem aus zwei Herzen endlich eins werden sollte.
Ab der 36. Schwangerschaftswoche lernte ich endlich selbst Senkwehen und Übungswehen kennen und beobachtete und lernte gespannt, nicht nur als Frau sondern auch als Hebamme. In der 39. SSW hielt ich meine letzte Stunde bei den werdenden Eltern im Geburtsvorbereitungskurs. Irgendwas war anders an diesem Tag, es zog doch schon das ein oder andere Mal etwas mehr im Bauch und so manche Übungswehe war sogar etwas schmerzhaft. Mein Mann lies mich keinen Moment mehr aus den Augen und wartet sogar vor dem Kursraum. Es war toll in diesem Kurs nicht nur Hebamme zu sein, sondern auch eine von Ihnen. Der wohl tollste Kurs den ich damals für mich erleben durfte.

Lange sollte s nun nicht mehr dauern. Es war der 8. Februar 2012, als ich abends zusammen mit meinem Mann die damalige Bachelorfolge schaute. Zwickte und zog es doch auf einmal anders als sonst im Bauch und ein ganz mulmiges Gefühl stieg in mir auf. Dass das die ersten richtigen Wehen sein sollte, nahm ich zu diesem Zeitpunkt absolut nicht wahr. Hatte ich es mir doch irgendwie anders vorgestellt. Die Bachelorfolge musste noch zu Ende geschaut werden und dann lies ich mich dazu überreden, doch einmal die Kollegin im Nachtdienst aufzusuchen.
Angekommen im Kreißsaal war ich voller Aufregung. Sollte es jetzt wirklich so weit sein? Wird dies der Anfang einer wahnsinnig spannenden und zugleich anstrengenden Reise? 
Ich weiß noch, dass ich, während am CTG saß, zu meiner Kollegin sagte: "Als ich gehe jetzt nur noch mit Kind im Arm nach Hause!". Und so sollte es sein, schwupp wurde ich stationär aufgenommen und machte mich auf eine lange Nacht bereit. Zusammen mit meinem Mann zogen wir unsere Runden durch das Krankenhaus, freuten uns über jede Wehe und waren voller Vorfreude. Als ich in der Nacht nochmal zur Kontrolle im Kreißsaal war, schien es jedoch in Sachen Eröffnungsphase noch nicht weiter voran zu gehen. Ich entschied mich für eine Runde Schlaf und ging erstmal zurück auf mein Zimmer. Gegen fünf Uhr morgens wurden die Wehen jedoch stärker. Zurück im Kreißsaal erwarteten mich Einlauf und Entspannungswanne. Danach verbrachte ich die Zeit damit es mir auf einem Pezziball gemütlich zu machen und im Kreißsaal auf und ab zu laufen. Es ging ein kleines Stück voran und doch stockte es. Meine Kollegin meinte es gut mit mir und verabreichte mir eine ordentliche Portion "Meptid" i.v. Kaum im Blut angekommen, kam es im riesen Schwall als Erbrochenes wieder heraus. Wie unangenehm und peinlich es mir war. Grauenhaft. Ab diesem Zeitpunkt fingen meine Kräfte an zu schwinden, an aufgeben jedoch war nicht zu denken. Hebamme und Ärzte meinten es gut und rieten mir zur PDA. Dies war jedoch absolut keine Option für mich. Fühlte ich mich doch auf meinem Ball und in aufrechter Position wohl und mit den Schmerzen kam ich trotz allem gut zu recht. Es muss gegen 11 Uhr gewesen sein, als die Oberärztin den Kreißsaal betrat und mich untersuchen wollte. Da schrillten die Alarmglocken. Bin ich doch gefühlt gerade eben erst untersucht wurden. Wenn jetzt nochmal untersucht wird, scheint etwas nicht zu stimmen. Ich konnte nicht Frau oder Schwangere sein, die Hebamme in meinem Kopf regierte. Oh wie habe ich mir in diesem Moment gewünscht einfach nichts zu wissen. Die Untersuchung erfolgte, noch immer war der Muttermund gerade mal 3cm eröffnet. Ich sehe die folgende Szene noch wie gestern vor mir: Die Oberärztin zog mit Schwung ihren Handschuh aus, beugte sich vor mich und sagte: "So meine Liebe, entweder du nimmst jetzt eine PDA oder wir fahren in den OP!" Wow, was für ein Schlag ins Gesicht. Meine Antwort lautet: "Dann macht mir eine PDA, aber auf den OP-Tisch werdet Ihr mich nicht sehen!"

Unter Tränen hielt ich die Hand meiner Kollegin fest als alles zur PDA vorbereitet wurde. Klar kannte ich den Ablauf und brauchte eigentlich keine Angst zu haben, aber jetzt war ich endlich einfach nur eine werdende Mama. Ich klammerte ihre Hände so fest wie ich konnte und bat sie bei mir zu bleiben. Als alles geschafft war konnte mein Körper zur Ruhe kommen und meine Gedanken und Emotionen sich wieder erden. Ich glaube ab diesem Zeitpunkt habe ich mich zum aller ersten Mal entspannt. Die Zeit verging, der Wehentropf lief, der Spätdienst trat seinen Dienst an. Ich freute mich, als ich sah, wer zur Tür herein kam. War es doch die Kollegin, zu der ich von Anfang an den besten Draht hatte, die wie eine Mama für mich in meiner Zeit als Hebamme dort im Team geworden war. Und wer hätte das gedacht, gegen 3 Uhr war es endlich soweit und der Muttermund war vollständig eröffnet. Ich war meinen Kolleginnen sehr dankbar dafür, dass sie mir zur PDA geraten haben. Doch zugleich hasste ich dieses Ding, Es legte mich so lahm, dass ich kaum Herr über meine Beine war und war somit gezwungen die restlichen Wehen im Bett zu ertragen. Ich fühlte mich wie ein Käfer auf dem Rücken, als es hieß "Beine hoch und mit schieben". Wie gern wäre ich einfach aufgesprungen, hätte mich am liebsten in eine Ecke gehockt und den restlichen Weg allein bestritten. Am 9. Februar 2012 um 16:08 Uhr war es dann endlich geschafft. Unsere Tochter hatte den Weg ans Licht der Welt gefunden und lag gesund und munter in unseren Armen. Ein Gefühl und ein Moment, die mit Worten nicht zu beschreiben sind!


Was für eine aufregende und lehrende Reise mir doch nun bevor bestand. Ich lernte nun das Wochenbett am eigenen Leib kennen, Hormonumstellung machte auch vor mir keinen Halt und wie jeder andere Erstgebärende kämpfte auch ich mich durch den Still-Dschungel. Ein Auf und Ab waren die folgenden Monate und ein anderes Leben erwartete mich nun, als Mama wieder den Dienst der Hebamme anzutreten. Was für ein verrücktes Gefühl plötzlich wieder auf der anderen Seite des Bettes zu stehen und sich nun voll und ganz in das Geschehen und Fühlen hinein versetzen zu können.

Fast 3 Jahre später fassten mein Mann und ich den Entschluss für ein zweites Kind. Leider sollte dieser Plan aber diesmal nicht so leicht aufgehen. Es lag wahrscheinlich sogar daran, dass es geplant war. Wie leider so viele Frauen, musste auch ich auf schmerzliche Art und Weise am eigenen Leib erfahren, was es heißt eine Fehlgeburt zu erleiden. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle riss mich mit. Jedoch stürzte ich mich in meine Arbeit. Das zu tun was ich so sehr Liebe, konnte nur die Beste Medizin für meine Seele sein.
Ab diesem Zeitpunkt nahm ich mir fest vor, den Schritt einer erneuten Schwangerschaft nicht wieder zu planen. Wenn es so sein sollte, dann sollte es passieren. Ich wollte das Schicksal nicht noch einmal heraus fordern.

Und das Schicksal meinte es doch gut mit uns. Im Juni 2015, genau 4 Jahre nach der ersten frohen Nachricht, erfuhren wir, dass unsere Tochter ein Geschwisterchen bekommen sollte Die Schwangerschaft begann wie im Flug und verlief fast genau wie die erste. Demnach war ich fest davon überzeugt, es wird wieder ein Mädchen werden. Doch wer hätte das gedacht, es war nicht nur die Nabelschnur zwischen den Beinen, welche sich uns zeigte!


Am Ende der Schwangerschaft fühlte ich mich leider absolut nicht mehr gut. Starke Wassereinlagerungen machten mit den Alltag als schwangere Mama manchmal fast unerträglich. Ich spürte innerlich, dass es Zeit wurde meinem kleinen Bauchbewohner den Mietvertrag zu kündigen, bevor einem von uns beiden etwas passiert. Am 1. Februar 2016 brachte ich meine Tochter in den Kindergarten. Als wir los wollten, stand sie auf der Treppe und sagte zu mir: "Stimmts Mama, heute kommt mein Bruder!" Ich war total sprachlos, wie kam sie nur auf den Gedanken. Und doch sollte die kleine Maus recht behalten. 9 Uhr war ich mit meiner Kollegin verabredet, sie betreute mich in meiner Schwangerschaft, kam mich regelmäßig besuchen und sollte auch die Geburt begleiten. Als ich ihr die Tür öffnete, schaute sie mich an und sagte: "Na du siehst so als, wenn du heute deinen Sohn bekommen möchtest!" Schon die zweite, die an diesem Tag solch verrückte Sachen zu mir sagte. Ja es zog natürlich ab und zu, aber das war doch normal und das machte es bereits seit gefühlt Wochen. Sollte es an diesem Morgen anders gewesen sein? Sicherheitshalber untersuchte sie mich und tatsächlich, waren doch bereits die ersten 3cm vom Muttermund regelrecht im Schlaf geschafft. Wir verblieben alles in Ruhe abzuwarten, sie wollte ihre Hausbesuche noch fahren und ca. 13 Uhr wollten wir uns im Kreißsaal treffen. Ich informierte meinen Mann, kochte mir einen Tee und entschloss mich zu duschen. Kaum aus der Dusche heraus wusste ich, es war soweit. Nun kamen die Wehen doch schon alle 2-3min und mein Inneres sagte mir, es wäre an der Zeit los zu fahren. Ich informierte meine Kollegin, dass ich doch schon gegen 12 Uhr im Kreißsaal sein werde und stimmte mich schon mal auf einen langen und anstrengenden Tag ein. Kaum im Kreißsaal angekommen, entschloss mein Bauchzwerg die Fruchtblase aufzumachen und nun ordentlich Vollgas zu geben. Er konnte es kaum erwarten das Licht der Welt zu erblicken. In meinem Kopf war ich noch gar nicht soweit, hatte ich doch meine erste Geburt vor Augen. Natürlich wusste ich, dass es von Geburt zu Geburt schneller gehen kann. Aber so schnell? Es kam eine Wehe nach der anderen, Zeit für Einlauf und Entspannungswanne gab es nicht. Von eben noch 3cm Muttermund war ich gegen 13 Uhr schon bei 7 cm. Ich genoss es, auf dem Gebärhocker bzw. stehen und mich einfach frei bewegen zu können. Als ich stehen mich am Seil festhielt gab es in der nächsten Wehen plötzlich einen gewaltigen Ruck in meinem Bauch, ein Ruck nach unten in Richtung Becken. Und ab da wusste ich: er kommt. Mit aufgerissen Auge sah ich meine Kollegin an, krabbelte ins Bett und mein einziger Gedanke war: "Ich habe keinen Einlauf bekommen, ich drücke nicht!". Dieser Gedanke blockierte mich, ich konnte nicht los lassen und zudem war ich auch absolut noch nicht bereit. Es war 14 Uhr, wir waren gerade einmal zwei Stunden im Kreißsaal. Zwergnase spürte, dass nun er das Ruder allein in die Hand nehmen musste und ich fühle es noch, als wäre es erst gestern gewesen, wie ich er sich von ganz allein einfach aus mir raus gedrückt hat. 2 Minuten später war es auch schon geschafft. Da lag er, eingewickelt in meinen Armen, sofort auf der Suche nach der Brust. Ich habe lange gebraucht um das zu realisieren!


Sehr oft wird mir die Frage gestellt, wie es denn ist, wenn man als Hebamme selber Kinder bekommt. Ich kann Euch sagen, es ist genauso wie bei jeder anderen Frau auch. Die gleichen Emotionen, die gleichen Schmerzen, der gleiche Ablauf. Auch ich hatte in beiden Geburten das Gefühl zu versagen, es aus eigener Kraft nicht zu schaffen, Angst es würde etwas unerwartetes passieren, Respekt vor der Macht der Natur und dem Wunder des Lebens. Auch ich habe im Kreißsaal während der Geburt Tränen vergossen und habe den Gedanken gehegt aufgeben zu wollen. Und genau aus diesem Grund weiß ich, wie Ihr euch in diesen Momenten fühlt. Welche Gedanken und Gefühle euren Kopf blockieren. Aber auch genau aus diesem Grund weiß ich, dass jede von uns es schaffen kann und wird! Egal wie, egal ob PDA oder nicht, ob Kaiserschnitt oder Spontan. Jede einzelne Frau verdient meinen vollen Respekt für diese Arbeit, welche sie während einer Schwangerschaft und unter der Geburt leistet. Und es ist vollkommen in Ordnung auch während dieser Momente Schwäche zu zeigen! Schwäche und Gefühle zu zeigen, zeigt doch erst wie stark wir sind!

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa










Sonntag, 27. Januar 2019

Kämpfen, kämpfen, kämpfen!

... Es lohnt sich für das zu kämpfen, was dich glücklich macht!


Jeden Tag bringe ich kleine Wunder zur Welt, jeden Tag stelle ich mich der gleichen Verantwortung, jeden Tag schenkt mir irgendjemand von Euch da draußen sein Vertrauen. Aber die schwersten Tage im Kreißsaal sind unter anderem die, wenn Dir jemand sein Vertrauen schenkt den Du kennst. Jemanden den Du fest in deinem Herzen trägst! Das sind Momente in denen sich das berufliche und private ganz schwer von einander trennen lassen. Momente, in denen ich einen unheimlich hohen Erwartungsdruck an mich selber stelle. Die Erwartung alles richtig zu machen! Hoffen darauf, dass am Ende alles gut geht und es so verläuft, wie es sich diejenigen wünschen.

Nach dem ich zum allerersten Mal ein Familienmitglied auf die Welt geholfen habe, schwor ich mir: "Theresa, dass machst du nie wieder!"
Nein, nicht weil etwas schlimmes passiert ist. Im Gegenteil, es war großartig. Aber dieser Druck, der einem da auf den Schultern lastet, war fast unerträglich. Adrenalin und Endorphine im Übermaß. Diese Last, die mir damals abfiel, war kaum mehr zu ertragen.

Und doch tat ich es wieder. Und wieder, und wieder und wieder .... :-)
Bei der Freundin, bei der Cousine, bei einer Bekannten, alte Klassenkameraden. Man denkt eigentlich, dass man Mal zu Mal besser mit diesen Situationen zurecht kommt. Immerhin ging ja bisher immer alles gut. Ich freue mich, wenn Freunde/Bekannte/Familie etc. mir ihr Vertrauen schenken und mich darum bitten die Geburt zu begleiten. Ich gebe mein Bestes, um alles möglich zu machen und bin sehr dankbar für diese Momente.
Aber wie soll man damit umgehen, wenn etwas mal nicht so läuft wie man es sich vorgestellt oder erhofft hat? Wenn zwar alles gut geht, aber die Geburt in eine andere Richtung führt. Auch wenn man mit ruhigem Gewissen sagen kann, alles richtig und vor allem alles getan zu haben, zweifelt man doch an sich selbst und gibt sich am Ende die Schuld dafür.

Es sollte der 13. Dezember 2017 sein. Ein unglaublich emotionaler Tag in meinem Leben. Von Vorfreude bis hin zu Lachen, ernste Gespräche, Schweigen, Kämpfen, Durchhalten, wieder Lachen und Weinen, Schmerz und unglaublich viel Liebe, war alles dabei.
Der beste Freund sollte endlich Papa werden. Schon lange haben wir auf diesen Tag gewartet, denn Prinzessin hatte ihren eigen Plan und ließ einige Tage auf sich warten. Endlich kam der lang ersehnte Anruf. Es ging los. Unser Plan erstmal war: Wir machen alles ganz in Ruhe!
Ich brachte meine Zwerge in den Kindergarten, mein Mann fuhr auf Arbeit und unsere Freunde frühstückten noch in Ruhe und machten sich dann auf den Weg zu uns. Oh wie waren wir aufgeregt und doch tief entspannt. Die Wehen waren noch unregelmäßig und kurz, es gab also keinen Grund für Hektik. Wir machten es uns bei mir Daheim gemütlich, das Radio unterhielt uns leise mit Musik und die Kerzen sorgten für eine entspannte Atmosphäre. Dem Baby ging es gut. Die Herztöne waren so, wie sie sein sollten. Ich kochte für ihn und mich Kaffee, sie bekam einen Entspannungstee welcher aber auch gleichzeitig die Wehentätigkeit anregen sollte.

Es wurde Zeit für den gewünschten Einlauf und ganz viel laufen. Aber auch ausruhen, erzählen, lachen, entspannen. Die Treppe in unserem Haus wurde für die nächsten Stunden unser neuer Aufenthaltsort. Da jede werdende Mama Kraft und Nährstoffe braucht, machte sich der werdende Papa auf dem Weg etwas zum Mittag zu besorgen. Wir Mädels entschieden uns in der Zeit eine Runde an der frischen Luft zu drehen. 1 Stündchen raus in die kalte aber sonnige Winterluft sollte neue Energie bringen. Wir liefen und liefen, weiter und weiter, das Gefühl für Zeit absolut verloren. Der Spaziergang erfüllte seinen Zweck, die Wehen wurden intensiver und die Abstände kürzer. Wir erzählten von Gott und der Welt, malten uns die verrücktesten Geschichten aus und plötzlich standen wir mitten im Wald. Irgendwo im Nirgendwo. Aber auch das brachte uns nicht aus der Ruhe. Die werdende Mama war entspannt, immerhin hatte sie die Einstellung: "Uns kann nichts passieren, ich hab ja meine Hebamme bei mir. Und wenn kommt die Kleine halt hier!"

Per GPS sendeten wir an den werdenden Papa unseren Standort, damit er uns per Telefon den Weg weisen konnte. Wir hatten unseren Humor, die innere Ruhe und das Lachen noch lange nicht verloren. Kletterten über Stock und Stein, bergauf, bergab. Nach fast 3 Stunden kamen wir endlich an einem Feld an, welches uns Richtung Straße führte. Dort wartete dann auch schon, der mittlerweile fast verrückt gewordene, werdende Papa. Gemütlich fuhren wir nach Hause, um uns erstmal aufzuwärmen und zu stärken. Doch nun waren wir plötzlich an dem Punkt angekommen, an dem der Appetit verloren ging, die Wehen wirklich anfingen weh zu tun, die Abstände immer kurzer wurden. Wir hörten auf unser Bauchgefühl und entschlossen, dass es nun an der Zeit war, sich auf den Weg in den Kreißsaal zu machen.

Dort angekommen verlangte die Natur ab sofort von uns viel Geduld, Ruhe und Kraft. Es wurde abends und die Kräfte meiner Freundin fingen an zu schwinden. Sie war die ganze Zeit so tapfer und trotz allem voller Wille ihr Kind zur Welt bringen zu wollen. So lange es auch dauern sollte, es gab keine Sekunde, in der sie ans Aufgeben dachte. Ich bewunderte sie für ihre Kraft, ihren Willen und ihr Durchhaltevermögen. Trotz allem entschieden wir uns am Abend für eine PDA. Sie hatte bis hierher so tapfer durchgehalten, aber nun wurde es an der Zeit ihr wieder neue Kraft zu schenken. Und trotz viel Bewegung, guter Wehentätigkeit, Optimismus und absoluter Harmonie im Kreißsaal wollte die Geburt einfach nicht voran gehen. Wir hatten alles versucht. Bewegung, Ruhe, sämtliche Positionen, Homöopathie, Lachgas, PDA, Blasensprung, Wehentropf. Die kleine Maus fand einfach den Weg nicht ans Ziel und wir blieben an der selben Stelle stehen.

Es kam der Punkt, an dem beide einfach erschöpft waren. Und es blieb uns kein anderer Weg mehr, als den anderen zu gehen. Den Weg an den wir keine einzige Sekunde denken wollten, den wir versucht haben mit allen Mittel zu umgehen. Und doch waren wir machtlos. Ich war machtlos. Es riss mir den Boden unter den Füßen weg. Ich riss mich zusammen, wollte ich doch stark und gefasst für sie sein. Ich blendete die Freundin in meinem Kopf aus, versuchte meine Gefühle in den Griff zu bekommen und versuchte einfach nur noch Hebamme zu sein.
Sicher gibt es diese Situationen öfters im Kreißsaal. Wir Menschen können zwar alles versuchen, aber gegen die Natur sind wir noch immer machtlos. Und alles was geschieht hat seinen Grund, auch wenn wir diesen nicht immer gleich erkennen. Aber wenn Du dann da im OP stehst (wo keine Hebamme von uns gern ist) und Deine Freundin auf diesem OP-Tisch liegt, mit Angst in den Augen. Tränen, die still und leise über ihre Wangen kullern und Du in ihrem Blick siehst, dass sie denkt sie hätte versagt... Es brach mir das Herz und ich wollte am liebsten einfach nur schreien und mit ihr mit weinen. Aber genau jetzt musste ich für sie stark sein. Ihr das Gefühl geben, dass sie keine Schuld daran traf. Ihr gut zu reden. Die Angst nehmen...

Und dann war es endlich geschafft. Elena erblickte gesund und munter das Licht der Welt. In diesem Moment, als Mama und Kind sich das erste mal sahen und berührten, schien die Welt für einen Moment still zu stehen und alles war um uns herum vergessen. Ich versuchte trotz allem ihr diesen Moment wunderschön und unvergesslich zu machen. Elli blieb bei ihrer Mama, der Pädiater konnte auch dort seinen Job machen. Keinen ließ ich auch nur einen Zentimeter zu nah ran, keiner sollte dieses Glück jetzt unterbrechen. Zurück im Kreißsaal ließen wir alle unseren Emotionen freien Lauf. Wir waren erschöpft, überglücklich und einfach nur noch verzaubert. Mama und Kind machten vom ersten Moment an instinktiv alles richtig. Sie kuschelten was sie nur kuscheln konnten. Stillten gefühlt rund um die Uhr. Elli wurde keinen einzigen Moment von ihrer Mama entfernt. Sie machten einfach alles richtig und es war so wundervoll die ersten Tage dies miterleben zu können.

Mittlerweile ist Elli ein Jahr alt. Ihr erster Geburtstag war für uns alle unheimlich emotional. Schon früh telefonierten wir und weinten einfach nur. Wie ein Film lief dieser Tag vor unserem inneren Auge wieder ab. Elli ist eines der wundervollsten Kinder, welches ich je erlebt habe und ihre Mama, die beste, die sich Elli nur wünschen kann.

Ich habe lange gebraucht, um dieses Kreißsaalerlebnis zu verarbeiten. Immer und immer wieder ging ich jeden Schritt in meinem Kopf durch. Wo war der Fehler? Was hatte ich falsch gemacht? War es meine Schuld, dass es am Ende ein Kaiserschnitt wurde? Hätte es Elli vielleicht ganz normal geschafft, wenn ich doch nur alles richtig gemacht hätte?
Auch an ihrem ersten Geburtstag kamen wieder diese Gedanken. Aber ich hoffe doch sagen zu können: Du hast alles richtig gemacht und wir haben alle an diesem Tag unser Bestes gegeben und getan was in unserer Macht stand. Aber manchmal findet man einfach keine Erklärung und muss die Dinge nehmen wie sie sind.

Die beiden möchten gern noch ein Kind und ich soll sie auf diesem Wege wieder begleiten. Welchen größeren Dank kann ein Mensch einem in so einer Situation geben? Und damit kommen meine Gedanken und Gefühle zur Ruhe und ich weiß, doch keinen Fehler gemacht zu haben. Nicht versagt und sie unendlich enttäuscht zu haben!

Liebe Liza, liebe Elli, lieber Christoph!
Ich habe lange überlegt, was ich euch hier sagen will. Aber ich finde einfach nicht die richtigen Worte. Die Geburt eurer kleinen Maus wird immer in meiner Erinnerung bleiben. Ihr habt extra den langen Weg von Burg bis zu mir in Kauf genommen, um Elli mit mir zusammen zur Welt zu bringen.
Jedes Gefühl, jeder Gedanke, jeder Momente ist fest in meinem Herzen eingebrannt. Ich hoffe so sehr, mich nicht komplett zu täuschen. Es würde mir das Herz brechen, die Schuld daran zu tragen. Es ist so wundervoll euch in unseren Leben zu haben. Auch wenn uns so viele Kilometer trennen und wir uns leider nicht so oft sehen können, sollt ihr wissen: Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht an euch denken und euch vermissen. Vielleicht führt euch euer privates Schicksal ja doch eines Tages ein Stück näher an uns heran, so dass wir mehr Zeit mit einander verbringen und erleben können.
Liza, danke für dein Vertrauen, deine Ehrlichkeit, deine Freundschaft. Ich bin so unendlich stolz auf dich, wie du diesen Tag gemeistert hast. Du verdienst meinen vollen Respekt für deine Leistung, deinen starken Willen, dein Durchhaltevermögen. Was für eine starke und wundervolle Frau du bist. Ich hoffe, dass die traurigen Momente, von diesem Tag, irgendwann immer mehr in Vergessenheit geraten und nur noch die schönen Gefühle überwiegen.
Und ich hoffe, dir das nächste Mal die Geburt schenken zu können, die du dir so sehr wünscht und verdienst!
Liebe Elli, du hast die wundervollste Mama, die man sich je hätte erträumen können. Ihr 3 seid ein großartiges Team. Bleibt so wie ihr seid.



In Liebe....deine Hebamme und deine Freundin!


Auch wenn dieses Mal nicht alles so verlief, wie wir es uns gewünscht haben, so bin ich trotzdem dankbar für diese wertvolle Erfahrung in meinem Leben.
In meinem Leben als Hebamme, als Freundin, als Theresa.

Und ich bin gespannt, was das Leben noch alles für wundervolle und wertvolle Momente für mich als Hebamme bereit hält.

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa









Mittwoch, 23. Januar 2019

Es gibt nicht besseres als einen guten Freund ...

... außer einen guten Freund mit Schokolade!


Fast 8 Jahre darf ich nun schon den Beruf der Hebamme ausführen, leben und lieben. Und ich sage Euch, es gibt kein wundervolleres Gefühl. Ich kann mich an keinen einzigen Tag erinnern, an dem ich mit schlechter Laune oder Unlust auf Arbeit gegangen bin. Klar hat man auch mal Tage, an denen man vielleicht etwas erschöpft und k.o. ist und wenn man weiß, dass die Nachtschicht auf einen wartet ist die Motivation manchmal nicht die größte. Aber sowie ich die Tür zur Umkleide betrete überschwemmen mich nur noch Vorfreude, Aufregung und Neugier auf das, was mich eventuell erwartet. Kein Tag im Kreißsaal ist wie der andere. Gut ok, außer die Tage, an denen absolute Stille herrscht, man sich von A nach B schleppt, putzt und auffüllt und einen Kaffee nach den anderen trinkt ... Aber diese Tage sind ja zum Glück selten. Man weißt nie als Hebamme, was dich heute erwartet. 1 Geburt? 3 Geburten? Spontan oder Kaiserschnitt? Klingelt es jetzt und da steht ein Notfall vor der Tür? Keine Geburt läuft wie die andere ab, immer wieder gehst Du andere Wege mit den Familien, entscheidest viel nach Bauchgefühl. Du kannst vielleicht einschätzen wann sich Zwergnase an das Licht der Welt begibt, aber genau weißt Du es nie und sie schaffen es immer wieder uns zu überraschen. Sie haben von Anfang an ihren eigenen Kopf, ihren ganz eigenen Terminkalender und jeden Tag aufs Neue lehren sie uns, dass man die Natur nicht austricksen kann. Und das ist einfach nur wundervoll. Schwangerschaft, Geburt und das Neugeborene sind für mich das größte Wunder, welches Mutter Natur geschaffen hat.

In meiner bisherigen Zeit im Kreißsaal durfte ich schon viele Familien kennenlernen und begleiten. Und immer wieder ist es faszinierend, wie viele unterschiedliche Familien und Menschen es gibt. Sei es ihr Leben, ihre Geschichte, ihr Charakter, ihre Persönlichkeit. Es zieht mich jedes Mal wieder in den Bann ihren Worten zu lauschen, so viel über das Leben zu lernen. Und ich danke jeder einzelnen Familie für ihr Vertrauen, was sie mir in dieser Zeit geschenkt haben. Jeder auf seine persönliche Art und Weise. Und an so manche Geschichten werde ich mich wohl ein Leben lang erinnern und wenn es nur die Geschichte ist, wie aus 2 Herzen ein neues geworden ist.

Neben persönlichen Geschichten durfte ich aber während meiner Arbeit noch etwas viel wertvolleres erfahren. Die Freundschaft!

Ich muss ehrlich sagen, dass ich all die mir wichtigen Menschen und der ihren Freundschaft durch meine Arbeit kennen, lieben und zu schätzen gelernt habe. Da diese Menschen mir Tag täglich so viel Gutes geben, möchte ich Euch sehr gern von ihnen erzählen und zeigen, wie dankbar ich dafür bin, sie in meinem Leben zu haben.

Vor knapp 5 Jahren, es muss Sommer gewesen sein, war ich im Spätdienst im Kreißsaal. Es war der 2. Dienstag im Monat, Zeit für den Infoabend. An diesem Tag kommen Schwangere und deren Angehörige, um sich unsere geburtshilfliche Abteilung einmal genauer anzusehen. Sie dürfen in alle Ecken schauen, sich informieren, Fragen stellen und entscheiden sich am Ende vielleicht sogar dafür ihren kleinen Bauchbewohner bei uns zur Welt zu bringen. Natürlich gehört zu einem Infoabend auch eine Kreißsaalführung. Diese Aufgabe galt zu dem Zeitpunkt einer anderen Kollegin, ich hütete brav den Kreißsaal. Gegen 19 Uhr kam dann die ganze Gruppe, es waren wahnsinnig viele. Zum Glück war der Kreißsaal an diesem Abend leer. Und trotz dieser großen Anzahl an Pärchen, gab es ein Paar, was mir besonders ins Auge stach. Ich war von den beiden total fasziniert. Optisch so ein tolles Paar, eine wunderschöne Schwangere und beide strahlten etwas so ruhiges und positives aus, dass ich sie einfach nur die ganze Zeit anschauen musste.
Wie das Schicksal es so wollte, saßen die beiden kurze Zeit später in meinem Geburtsvorbereitungskurs. Ich war ganz aus dem Häuschen, so habe ich mich gefreut. Einfach nur weil sie da waren. Und irgendwie schien es zu passen, vom ersten Augenblick an. Ich bekam die Ehre die beiden für den Rest der Schwangerschaft zu betreuen, begleitete sie zum Teil mit unter der Geburt und erlebte eine spannende Reise durch das Wochenbett mit ihnen. Und aus einer ganz normalen Hebammenbetreuung wurde von mal zu mal Freundschaft. Ich schloss sie fest in mein Herz und wollte die 3 nie wieder los lassen. Zwergnase wuchs heran, jeder lebte seinen Alltag und auch wenn es uns nicht möglich war, aufgrund von Arbeit und Familie etc., uns öfter zu sehen, waren wir doch in unseren Herzen und Gedanken bei einander. Nach langem Warten und vielen Höhen und Tiefen war es dann endlich wieder soweit und die beiden sollten noch einmal die Reise durch eines der größten Wunder der Natur antreten. Endlich hatte es geklappt und Nummer 2 war unterwegs. Was habe ich mich gefreut, als sie mir diese Nachricht überbrachte. Für meine Tränen gab es kein Halten mehr, ich war so glücklich und freute mich unendlich doll für die beiden. Leider verlief die 2. Schwangerschaft nicht so, wie man es sich immer wünscht. Das ein oder andere Leiden machte es der werdenden Mama nicht gerade einfach und der Kopf spielte dieses Mal eine ganz große Rolle während der Schwangerschaft. Der Geburtstermin rückte näher, es erfolgte das Geburtsplanungsgespräch im Kreißsaal und als ich in ihre Akte schaute, riss es mir den Boden unter den Füßen weg. Hatte sie sich doch dieses Mal tatsächlich für einen geplanten Kaiserschnitt entschieden. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie mir ab da das Herz geblutet hat. Viele Gespräche führten wir und ich konnte sie auch verstehen, aber mein Herz und mein Hebammenverstand sagten mir, dass dies ein großer Fehler wäre. Ein Funken Hoffnung blieb, denn für die beiden stand trotz allem fest: sollte der Zwerg sich früher auf den Weg machen, als der Kaiserschnitt geplant war, dann soll es so sein und sie wird alles dafür geben um ihn normal zur Welt zu bringen. Ich betet jeden Tag, dass die Natur selber entscheidet und Zwergnase so schlau ist und selbst bestimmt, wann es an der Zeit für ihn ist das Licht der Welt zu erblicken. Und genau so sollte es geschehen. 5 Tage vor geplanten Kaiserschnitt entschied der kleine Mann das Ruder selbst in die Hand zu nehmen und sich auf den Weg zu machen. Als der Anruf kam und wir uns im Kreißsaal trafen war ich so aufgeregt und angespannt, gleichzeitig aber voller Optimismus und Freude. Jetzt musste einfach nur noch alles gut gehen, sonst hätte ich mir das nie in meinem Leben verziehen! Und was soll ich sagen, es war eine der schönsten Geburten, die ich je begleiten durfte. Ich habe noch tagelang geheult, wenn ich nur daran gedacht habe!

Liebe Luisa, lieber Christian!
Ich danke euch für euer Vertrauen, während dieser aufregenden Zeit. Danke dafür, dass ich wieder ein Teil dieser Reise sein durfte. Danke, dass ihr mir so einen wundervollen Moment in meinem Leben geschenkt habt. Danke, dass ihr die Natur habt machen lassen und nicht aufgegeben habt. Aber vor allem Danke für eure tiefe Freundschaft. Danke für all die wundervollen Momente mit euch. Bitte bleibt für immer ein Teil in unserem Leben. Aber vor allem, bleibt so wie ihr seid. Mit all euren Ecken und Kanten seid ihr mit die wundervollsten Menschen, welche mir das Leben geschenkt hat. Es ist so schön, dass es euch 4 gibt!
Lieber Christian, vor allem dir danke ich für deine Fürsorglichkeit. Denn du weißt genau, was eine Hebamme braucht. Danke für das leckerste Frühstück der Welt, den besten Kaffee und vor allem die weltbesten Eierkuchen mit Nutella!

"Cause friends are the family that you choose and I thank God you chose me, I'm thankful I chose you!"

"Weil Freunde die Familie sind die man sich aussucht und ich danke Gott, dass du mich ausgesucht hast, ich bin dankbar, dass ich dich ausgesucht habe!"

(aus dem Song Friends R Family von Michael Patrick Kelly)


Die 4 waren aber nicht die Einzigen, welche ich in mein Herz lassen durfte. Aber wer die anderen sind und was sie so besonders macht, erfahrt Ihr beim nächsten Mal.

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa





Dienstag, 22. Januar 2019

Wenn du denkst es geht nicht mehr ...

... kommt von irgendwo das Examen her!


Es war kaum zu glauben, aber das Ende rückte tatsächlich näher. Der Tag der praktischen Prüfung stand bevor. Es lief zum Glück alles wie am Schnürchen und ich bestand diese Prüfung mit 1.
Jackpot, da staunten die lieben Hebammen nicht schlecht. Ich hatte es geschafft und mir endlich Anerkennung verschafft und verbrachte die letzten Wochen mit gutem Gefühl im Kreißsaal. Auch schriftlich und mündlich bestand ich und es kam der Tag, auf den ich so sehnlichst gewartet hatte. Der 31.08.2011, meine Examinierung. Ich hatte mein Ziel erreicht. Endlich durfte ich meine Berufserlaubnis und Hebammenurkunde in den Händen halten. Ein Traum war wahr geworden, ich war endlich Hebamme.

Am nächsten Tag begann gleich mein erster Arbeitstag als Hebamme an einer anderen Klinik. Es war so ein verrücktes Gefühl und ich brauchte einige Zeit, bis ich das Gefühl der kleinen Hebammenschülerin verloren und im neuen Team angekommen war. An meinem neuen Arbeitsplatz wartete eine ganz andere Welt auf mich. Ich durfte nicht nur meinen Traum endlich leben, ich hatte tolle neue Kollegen, Freunde und sogar eine Art Familie gefunden. Die letzte 3 Jahre rückten immer mehr in Vergessenheit und mit jedem Tag aufs Neue kam ich endlich im Leben an!

In den darauf folgenden Jahren durfte ich viele tolle Familien kennenlernen, wundervolle Geburten begleiten und jeden Tag wieder etwas als Hebamme und Mensch dazu lernen. Ich lernte meinen Ehemann kennen, bekam 2 wundervolle Kinder und erschaffte mir ein festes Standbein in der freiberuflichen Tätigkeit als Hebamme.

Wenn ich jetzt so auf die vergangenen Jahre zurück schaue, ist es schon unglaublich was alles passiert ist. Vor allem aber auch wer ich geworden bin.
Ich sehe da noch die kleine ängstliche, schüchterne Hebammenschülerin, am Ende ihrer Ausbildung ohne jegliches Selbstbewusstsein. 3 Jahre lang waren Antidepressiva mein täglicher Wegbegleiter. Besuche bei einem Reiki-Meister, welcher mir mittels Hypnose und Co versuchte Strategien aufzuzeigen und beizubringen, mit denen ich mein Leben als Schülerin meistern konnte. Neurodoron zum Einschlafen war nicht mehr weg zu denken. Ständig das Gefühl von absoluter Einsamkeit und innerer Leere. Den Magen dreht es mir um, wenn ich heute daran zurück denke.
Und doch hat die Lehrzeit auch gute Momente gehabt. Denn sie hat Menschen in mein Leben gebracht, die ich heute keine einzige Sekunde mehr missen möchte. Ohne diese Menschen, hätte ich niemals durch gehalten.
Es ist an der Zeit endlich mal diesen Menschen zu sagen, was sie mir bedeuten:

Lieber Dirk,

ich danke dir so unendlich doll für deine Zeit, die Gespräche zusammen in deiner Werkstatt, deine Hilfe wenn mein Auto mal wieder nicht so wollte wie ich, deine aufmunternden Worte.
Danke dafür, dass du mich so oft zum lachen gebracht hast, wenn meiner Seele eigentlich nur noch zum Weinen war. Danke, dass du in dieser Zeit der Papa für mich warst, der mir so sehr gefehlt hat. Aber vor allem Danke für deine Freundschaft! Danke dafür, dass du so bist wie du bist! Du bist der tollste KFZ-Meister, den die Welt je gesehen hat!




Meine liebe Denise,

zusammen haben wir die 3 Jahre durchgehalten. Vom ersten Tag an waren wir zwei für einander bestimmt. Wir haben zusammen gelacht, geweint, gestritten. Du hast mir so unendlich viel Kraft gegeben. Du warst in dieser Zeit mein Rettungsring, der mich über Wasser gehalten hat. Danke, dass du mich in Pathologie immer hast deine Notizen abschreiben lassen, wenn mein Gehirn sich mal wieder gegen die Sinnlosigkeiten in der Theorie gewehrt hat.
Danke, dass ich dabei sein durfte, als dein Herz die Liebe seines Lebens gefunden hat, dass ich eure Hochzeit miterleben durfte und euren Sohn mit zur Welt bringen konnte. Danke für dein Vertrauen, deine ehrlichen Worte, deine Ratschläge, deine Freundschaft. Ich möchte dich und deine kleine Familie nie mehr missen müssen. Auch wenn uns einige Kilometer trennen, im Herzen bist du immer bei mir und bei so manch einer Geburt stehst du vor meinem inneren Auge neben mir und sagst mir was zu tun ist! Ich habe unendlich viel Respekt vor die als Hebamme und als Mensch und bewundere dich sehr dafür. Menschlich, fachlich, praktisch, theoretisch ...  du bist geboren um Hebamme zu sein!
Du bist mit das Beste was mir je passiert ist!




Und heute, fast 8 Jahre nach meiner Examinierung stehe ich weiterhin fast jeden Tag im Kreißsaal, wachse mit meinen Aufgaben, lerne dazu, bin selbstbewusst, aber auch sehr selbstkritisch. Stehe mit beiden Beinen fest im Leben. Lache und weine wenn mir danach ist. Die letzten 11 Jahre haben mir viele Höhen und Tiefen beschert. Dafür bin ich sehr dankbar, auch wenn es oft nicht einfach war. Aber sie haben mich stark gemacht. Stark für das Leben, bereit für all die Aufgaben, die es einem täglich stellt. Stark und tapfer für meine Kinder gemacht, für die ich jeden Tag wie eine Löwin versuche mein Bestes zu geben. Dank dieser intensiven Zeit bin ich heute für die kleinsten Dinge im Leben unendlich dankbar und sehe nicht mehr in allen das Schlechte, sondern versuche immer das Gute in allem zu finden. Was auch immer passiert, alles hat seinen Grund. Auch wenn wir diesen manchmal nicht gleich verstehen.

Ja, ich habe viel auf die Hebammen in meiner Ausbildung geschimpft und unendlich viele Tränen vergossen. Aber heute danke ich ihnen dafür, dafür dass sie mich so stark gemacht haben!

Jetzt muss ich aber erstmal wieder meine Gedanken sortieren, meine Emotionen bändigen, die Tränen trocknen und einmal tief durchatmen. Danach setzte ich mich gleich daran und erzähle Euch, welche wundervollen Menschen ich durch meine Arbeit als Hebamme kennen und lieben lernen durfte.

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa




Mittwoch, 16. Januar 2019

Durchhalten steht immer oben auf der To-Do-Liste

... Wunder beginnen immer dann, wenn wir unseren Träumen mehr Energie geben, als unseren Ängsten!


Angekommen in der Realität, war meine neue Heimat für mich nur noch ein Ort des Grauens. Ich versuchte jede freie Minute zurück in die Heimat zu fahren und wurde mir bewusst, dass es an der Zeit war zurück zu kehren und den nächsten Dienst antreten zu müssen, spürte ich nichts anderes mehr als Einsamkeit, Traurigkeit und Angst.
Auch heute noch kommen die Gefühle hoch, wenn ich das Ortseingangsschild lese. Es gibt wenig Gutes, was ich mit dieser Zeit verbinde.

Im 1. Ausbildungsjahr mag alles noch einigermaßen erträglich gewesen sein. Für die Hebammen waren wir unsichtbar, immerhin hatte das 3. Ausbidungsjahr Vorrang. Unser Zufluchtorts war die Wochenstation. Dort gab es wenigstens noch Personal mit Menschlichkeit uns Kücken gegenüber.
Das erste Jahr lang waren wir billiges Arbeitspersonal. Putzen war unsere Hauptaufgabe und an die Tür gehen wenn es klingelte. Natürlich hoffte man in jedem Dienst, dass eine Frau zur Geburt kam. Gleichzeitig drehte sich uns aber der Magen um, wenn ein Zugang kam. Denn nun musste eine von uns die Frau in Empfang nehmen und anschließend sich in das Hebammenzimmer wagen und eine Übergabe an die jeweilige Hebamme machen. Danach war unsere Arbeit meist getan. Selten durften wir in der Zeit irgendwo mit dabei sein und zu sehen um zu lernen. Dafür wurde uns umso öfter die Tür direkt vor der Nase zugeschlagen. Zuschauen maximal durch Schlüsselloch oder kleinen Türspalt.

Traute man sich dann mal etwas zu hinterfragen, gab es eine böse Gegenreaktion. Immerhin hatte uns das nichts anzugehen und als wenn wir das im 1. Ausbildungsjahr überhaupt schon verstehen konnten. Stellten wir keine Fragen, war es genauso falsch. Dann gab es gleich einen schlechten Vermerk in unserem Beurteilungsbuch. Am Ende von jedem Praxiseinsatz musste dann eine Beurteilung in der Schule abgegeben werden. Da standen dann natürlich solche Sachen drauf wie :... ist desintereissert, ... zu schüchtern, ....zieht sich zurück......bla bla bla. Wir konnten machen was wir wollten, es war grundsätzlich falsch.

Also verbrachten wir die meiste Zeit im Lager, hielten den Kreißsaal sauber, sortierten Material weg oder versuchten einfach unsichtbar zu sein. Stand man dann doch mal am falschen Fleck, bekamen wir dies ebenfalls schmerzhaft zu spüren. Denn dann kam zufüllig die Hebamme mit dem Essenwagen vorbei und fuhr uns über den Fuß. Selbst schuld, was standen wir ja auch im Weg herum.

Die meisten empfanden die Zeit in der Schule als angenehmer. Ich war eine der wenigen, die trotz allem lieber in der Praxis war. Die 2 Damen, welche uns im Hebammenwesen unterrichteten, hatten letztendlich nicht mehr Wissen als wir. Frau Sommer (Name geändert) war zwar bereits mittleren Alters, jedoch hatte sie in ihrem bisherigen Leben als Hebamme nicht wirklich viel Erfahrungen gesammelt. Schichtdienst und Co waren ihr als junge Frau zu anstrengend, also widmete sie sich den Studien der Pflegewissenschaften und schlug lieber den Berufsweg als Lehrerin an einer Hebammenschule ein, anstatt als Hebamme die Welt zu retten. Wenn ich mich recht erinnere, hat sie als Hebamme vielleicht insgesamt 1 Jahr wirklich gearbeitet. Unsere andere Lehrerin (Frau Herbst, Name ebenfalls geändert) war in der Blüte ihres Lebens, ca. Mitte 20 und hatte ständig Beziehungsprobleme, was wir ebenfalls oft anhand ihrer Laune zu spüren bekamen. Selbst hatte sie ebenfalls von Tuten und Blasen keine Ahnung, denn auch sie widmete sich lieber, direkt nach der Ausbildung zur Hebamme, dem Studium der Pflegewissenschaften. Und da gerade Lehrermangel herrschte, durfte sie uns als Studentin gleich unterrichten. Ihr Wissen bestand somit also nur aus dem was im Lehrbuch stand und was sie in ihren Heftern aus der Zeit als Hebammenschülerin finden konnte. Stellten wir Fragen oder beantworteten in einer Arbeit Fragen mit unseren eigenen Worten, anstatt mit den abgeschriebenen Definitionen, welche sie uns lehrte, wurde sie entweder zickig oder die Aufgabe war grundsätzlich falsch beantwortet.
Lediglich unsere Ärtzin, welche uns damals in theoretischer Geburtshilfe unterrichtete, hatte es fachlich absolut auf dem Kasten und war menschlich auf unserer Ebene.
Also musste die meiste Zeit Selbststudium betrieben werden oder man hatte Glück und konnte von den wenigen lieben Hebammen im Dienst etwas lernen.

Die Zeit ging dahin und das 2. Lehrjahr stand vor der Tür. Nun gab es nur noch unser Ausbildungsjahr und so langsam fingen die Hebammen an uns wahr zu nehmen. Den ein oder anderen Namen beherrschten sie nun auch langsam, es blieb ihnen ja auch nichts anderes übrig. Immerhin war es ihr Job aus uns Hebammen zu machen. Noch heute stellen sich mir die Nackenhaare auf, wenn ich nur daran denke wie der Ruf aus dem Hebammenzimmer kam: " Fräulein Scheibe!!!"

Jetzt reiß dich ja zusammen Theresa, Brust raus, Arsch rein, Rücken gerade und immer schön freundlich lächeln ...
Wäre es nicht mein absoluter Traum gewesen, wäre mein Ziel nicht schon zur Hälfte erreicht gewesen, dann wäre das die Zeit gewesen, in der ich fast alles hin geschmissen hätte. Denn jetzt fing das Ganze an, an der Psyche zu knabbern. Jeden Dienst trat man mit Angst an. Ein riesen Fehler war es, vorher heimlich auf den Dienstplan zu schauen. Denn dann wusste man welches Grauen einen erwartete und das machte die Sache nicht leichter. In fast jedem Dienst verkroch sich eine von uns heulend aufs Klo oder in irgendein Hinterzimmer. So manch eine brach ihre Ausbildung ab.
Ja ich hatte diesen Gedanken auch oft. Aber dann kam immer der rettende Gedanke: " Du wirst dir doch wohl nicht die Blöße geben und hier aufgeben?! Darauf warten diese alten verbiesterten Weiber doch nur. Ne ne ne, den Gefallen tust du denen nicht. Sei stark und halte durch, eines Tages wirst du dafür belohnt!"

Ab dem 3. Lehrjahr hatte ich endlich gelernt mit dieser verrückten Welt umzugehen. So langsam lernte ich Strategien, um dies alles an mir abprallen zu lassen und hatte nur noch mein Ziel vor Augen. Eine gute Hebamme zu werden! Und wenn ich das geschafft habe, dann mache ich mein Ding und werde niemals im Leben so sein wie diese Menschen und auf keinen Fall all das anderen antun!
Wackelig wurden meine Strategien immer dann, wenn wir zusammen mit Hebamme X und Hebamme Y hatten.
Diese beiden hassten sich wie Hund und Katze und 3x dürft ihr raten, wer die Leidtragenden in solchen Diensten waren. Bingo....wir dummen kleinen Schülerinnen.

Bei Hebamme X mussten die Schubfächer bis zum Rand hoch aufgefüllt sein, Hebamme Y mochte es lieber nur halbvoll. Also ging sie jedes Mal, kurz vor Ende des Dienstes, ihre Runde und schmeißte einen die zu viel aufgefüllten Sachen vor die Füße. Spritzen und Co flogen also im Raum herum, oft auch hinter uns her und natürliche waren diese Sachen, trotz ihrer Verpackung, kontamininiert und gehörten somit in den Müll. Das war natürlich auch unsere Schuld.
Zu nichts waren wir fähig und was das doch für eine Materialverschwendung war.

Als ich eines Nachts mit den beiden Damen das Vergnügen hatte, kam eine Frau zur Geburt in den Kreißsaal. Jippi dachte ich mir, in welche Ecke verkriechst du dich jetzt am Besten die nächsten 8 1/2 Stunden?
Die Frau sprach leider ein sehr schlechtes Deutsch und als es um das Thema Einlauf ging, konnte das im wahrsten Sinne des Wortes nur in die Hose gehen. Mit Händen und Füßen versuchte ich ihr den Ablauf zu erklären, in der Hoffnung es wird schon alles gut gehen. Schisschen wars! Der Einlauf tat seine Arbeit, landete am Ende leider nur nicht da wo er hin gehörte. Sie tat mir so leid, aber ehrlich gesagt ich mir noch mehr. Denn wer war natürlich an dem Dilemma schuld? Natürlich ich, dummes Huhn. Also bestand meine Arbeit die ganze Nacht darin, dass Bad bis in die hintersten Ecken zu reinigen, Thema Geburt war erledigt. Das hatte ich mir jetzt nicht mehr verdient. Also schrubbte ich so gut es ging die Fugen und sämtliche andere Stellen und hoffte, dass diese Demütigung für die Frau und mich ganz schnell in Vergessenheit geraten würde.

Ab diesem Tag schwor ich mir, mir folgendes vorzustellen wenn eine dieser beiden Hebammen mich mal wieder auf ihre Liste gesetzt hatte:
Vor meinem inneren Auge waren sie in diesem Moment ein 3 jähriges kleines Kind, mit voller Windel welches mir nun erklären wollte, dass ihr Spielzeug schöner sei als meins!

Ja der Gedanke war lustig....durfte man sich in dem Moment nur nicht anmerken lassen.

Heimlich kopierten wir uns manchmal die Einträge in unser Beurteilungbuch, welches oft versteckt im Hebammenzimmer lag. Ich habe gerade festgestellt, dass am Anfang oft geschrieben wurde: ...ist freundlich, betreut Pat. sehr liebevoll. Auffällig oft steht dies geschrieben. Es war wohl für die jenigen Personen damals etwas absolut unvorstellbares und es war bestimmt ehr Kritik als Lob.

Zum Glück gab es auch ehrliche und gute Einträge!

Ich arbeite gedanklich bereits fleißig am nächsten Text :-)

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa