Dienstag, 22. Januar 2019

Wenn du denkst es geht nicht mehr ...

... kommt von irgendwo das Examen her!


Es war kaum zu glauben, aber das Ende rückte tatsächlich näher. Der Tag der praktischen Prüfung stand bevor. Es lief zum Glück alles wie am Schnürchen und ich bestand diese Prüfung mit 1.
Jackpot, da staunten die lieben Hebammen nicht schlecht. Ich hatte es geschafft und mir endlich Anerkennung verschafft und verbrachte die letzten Wochen mit gutem Gefühl im Kreißsaal. Auch schriftlich und mündlich bestand ich und es kam der Tag, auf den ich so sehnlichst gewartet hatte. Der 31.08.2011, meine Examinierung. Ich hatte mein Ziel erreicht. Endlich durfte ich meine Berufserlaubnis und Hebammenurkunde in den Händen halten. Ein Traum war wahr geworden, ich war endlich Hebamme.

Am nächsten Tag begann gleich mein erster Arbeitstag als Hebamme an einer anderen Klinik. Es war so ein verrücktes Gefühl und ich brauchte einige Zeit, bis ich das Gefühl der kleinen Hebammenschülerin verloren und im neuen Team angekommen war. An meinem neuen Arbeitsplatz wartete eine ganz andere Welt auf mich. Ich durfte nicht nur meinen Traum endlich leben, ich hatte tolle neue Kollegen, Freunde und sogar eine Art Familie gefunden. Die letzte 3 Jahre rückten immer mehr in Vergessenheit und mit jedem Tag aufs Neue kam ich endlich im Leben an!

In den darauf folgenden Jahren durfte ich viele tolle Familien kennenlernen, wundervolle Geburten begleiten und jeden Tag wieder etwas als Hebamme und Mensch dazu lernen. Ich lernte meinen Ehemann kennen, bekam 2 wundervolle Kinder und erschaffte mir ein festes Standbein in der freiberuflichen Tätigkeit als Hebamme.

Wenn ich jetzt so auf die vergangenen Jahre zurück schaue, ist es schon unglaublich was alles passiert ist. Vor allem aber auch wer ich geworden bin.
Ich sehe da noch die kleine ängstliche, schüchterne Hebammenschülerin, am Ende ihrer Ausbildung ohne jegliches Selbstbewusstsein. 3 Jahre lang waren Antidepressiva mein täglicher Wegbegleiter. Besuche bei einem Reiki-Meister, welcher mir mittels Hypnose und Co versuchte Strategien aufzuzeigen und beizubringen, mit denen ich mein Leben als Schülerin meistern konnte. Neurodoron zum Einschlafen war nicht mehr weg zu denken. Ständig das Gefühl von absoluter Einsamkeit und innerer Leere. Den Magen dreht es mir um, wenn ich heute daran zurück denke.
Und doch hat die Lehrzeit auch gute Momente gehabt. Denn sie hat Menschen in mein Leben gebracht, die ich heute keine einzige Sekunde mehr missen möchte. Ohne diese Menschen, hätte ich niemals durch gehalten.
Es ist an der Zeit endlich mal diesen Menschen zu sagen, was sie mir bedeuten:

Lieber Dirk,

ich danke dir so unendlich doll für deine Zeit, die Gespräche zusammen in deiner Werkstatt, deine Hilfe wenn mein Auto mal wieder nicht so wollte wie ich, deine aufmunternden Worte.
Danke dafür, dass du mich so oft zum lachen gebracht hast, wenn meiner Seele eigentlich nur noch zum Weinen war. Danke, dass du in dieser Zeit der Papa für mich warst, der mir so sehr gefehlt hat. Aber vor allem Danke für deine Freundschaft! Danke dafür, dass du so bist wie du bist! Du bist der tollste KFZ-Meister, den die Welt je gesehen hat!




Meine liebe Denise,

zusammen haben wir die 3 Jahre durchgehalten. Vom ersten Tag an waren wir zwei für einander bestimmt. Wir haben zusammen gelacht, geweint, gestritten. Du hast mir so unendlich viel Kraft gegeben. Du warst in dieser Zeit mein Rettungsring, der mich über Wasser gehalten hat. Danke, dass du mich in Pathologie immer hast deine Notizen abschreiben lassen, wenn mein Gehirn sich mal wieder gegen die Sinnlosigkeiten in der Theorie gewehrt hat.
Danke, dass ich dabei sein durfte, als dein Herz die Liebe seines Lebens gefunden hat, dass ich eure Hochzeit miterleben durfte und euren Sohn mit zur Welt bringen konnte. Danke für dein Vertrauen, deine ehrlichen Worte, deine Ratschläge, deine Freundschaft. Ich möchte dich und deine kleine Familie nie mehr missen müssen. Auch wenn uns einige Kilometer trennen, im Herzen bist du immer bei mir und bei so manch einer Geburt stehst du vor meinem inneren Auge neben mir und sagst mir was zu tun ist! Ich habe unendlich viel Respekt vor die als Hebamme und als Mensch und bewundere dich sehr dafür. Menschlich, fachlich, praktisch, theoretisch ...  du bist geboren um Hebamme zu sein!
Du bist mit das Beste was mir je passiert ist!




Und heute, fast 8 Jahre nach meiner Examinierung stehe ich weiterhin fast jeden Tag im Kreißsaal, wachse mit meinen Aufgaben, lerne dazu, bin selbstbewusst, aber auch sehr selbstkritisch. Stehe mit beiden Beinen fest im Leben. Lache und weine wenn mir danach ist. Die letzten 11 Jahre haben mir viele Höhen und Tiefen beschert. Dafür bin ich sehr dankbar, auch wenn es oft nicht einfach war. Aber sie haben mich stark gemacht. Stark für das Leben, bereit für all die Aufgaben, die es einem täglich stellt. Stark und tapfer für meine Kinder gemacht, für die ich jeden Tag wie eine Löwin versuche mein Bestes zu geben. Dank dieser intensiven Zeit bin ich heute für die kleinsten Dinge im Leben unendlich dankbar und sehe nicht mehr in allen das Schlechte, sondern versuche immer das Gute in allem zu finden. Was auch immer passiert, alles hat seinen Grund. Auch wenn wir diesen manchmal nicht gleich verstehen.

Ja, ich habe viel auf die Hebammen in meiner Ausbildung geschimpft und unendlich viele Tränen vergossen. Aber heute danke ich ihnen dafür, dafür dass sie mich so stark gemacht haben!

Jetzt muss ich aber erstmal wieder meine Gedanken sortieren, meine Emotionen bändigen, die Tränen trocknen und einmal tief durchatmen. Danach setzte ich mich gleich daran und erzähle Euch, welche wundervollen Menschen ich durch meine Arbeit als Hebamme kennen und lieben lernen durfte.

Bis dahin passt gut auf euch auf, bleibt gesund, liebt euch, lacht so viel ihr könnt und macht wonach euch auch immer ist - Hauptsache es fühlt sich gut an!

Theresa




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